Archiv-Beitrag vom 14.02.2005Anregungen und Bedenken der Stadt Mülheim im Genehmigungsverfahren 2004/2005

Archiv-Beitrag vom 14.02.2005Anregungen und Bedenken der Stadt Mülheim im Genehmigungsverfahren 2004/2005

Nachfolgend finden interessierte Bürgerinnen und Bürger das Einwendungsschreiben der Stadt Mülheim an der Ruhr gegen den Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH vom 13.10.2004 an die Bezirksregierung Düsseldorf:

Luftverkehr;
Antrag auf Änderung der bestehenden Betriebsregelung gemäß § 6 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) am Flughafen Düsseldorf vom 13.10.2004
hier: Anregungen und Bedenken der Stadt Mülheim an der Ruhr als Träger öffentlicher Belage

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit macht die Stadt Mülheim an der Ruhr als Träger öffentlicher Belange folgende Anregungen und Bedenken zum Antrag auf Änderung der bestehenden Betriebsregelung gemäß § 6 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) am Flughafen Düsseldorf vom 13.10.2004 geltend:

1. Einreichung des Antrags und der betreffenden Gutachten
Der Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH stammt vom 13.10.2004. Es ist zu kritisieren, dass zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags scheinbar noch nicht alle benötigten Gutachten vorlagen. So wird im Gutachten »Bestimmung der Kapazität der Start-/Landebahn 23L/05R (Südbahn) und des Zweibahnsystems« auf eine Stellungnahme der DFS vom 17.10.2004 verwiesen. Das Gutachten scheint erst am 29.10.2004 abgeschlossen worden zu sein (s. Druckdatum in der Fußzeile). Darüber hinaus stammt die »Risikoanalyse für den Flughafen Düsseldorf International« ganz offensichtlich vom 5.11.2004 (s. Druckdatum in der Fußzeile). Dies ist aus rein formalen Gründen zu kritisieren.

2. Fehlende Nachfrage für die beantragten Ausweitungen
Die Flughafen Düsseldorf GmbH argumentiert, es werde befürchtet, an den allgemeinen Entwicklungen des Flugverkehrs aufgrund der derzeit geltenden Beschränkungen der Koordinierungseckwerte nicht teilhaben zu können. So konnten beispielsweise im Jahr 2003 nur 115.725 Slots zugeteilt werden. Wenn man jedoch bedenkt, dass von den 115.725 zugeteilten Slots nur 92.696 Bewegungen tatsächlich stattfanden (s. Statistik in den Antragsunterlagen), scheint die Nachfrage nach weiteren Kapazitäten weit weniger offensichtlich, als von der FDG dargestellt. Vielmehr unterschreiten die tatsächlich durchgeführten Bewegungen die beantragten Slots sogar noch um 20 Prozent. Solange dies der Fall ist, ist eine weitere Kapazitätsausweitung und insbesondere verstärkte Belastung der empfindlichen Morgen-, Abend- und Nachtstunden aus Sicht der Stadt Mülheim an der Ruhr völlig indiskutabel und daher abzulehnen.

3. Geplante Streichung des Satzes »Zeiten des Spitzenverkehrs sind dann gegeben, wenn für Luftfahrzeuge im Luftraum oder am Boden Wartezeiten bestehen« in der Genehmigung
Die FDG beantragt, den bisher in der luftrechtlichen Genehmigung enthaltenen Satz »Zeiten des Spitzenverkehrs sind dann gegeben, wenn für Luftfahrzeuge im Luftraum oder am Boden Wartezeiten bestehen« zu streichen, da es sich ihrer Auffassung nach damit um eine reine Verspätungsregelung handelt, die nicht mehr angemessen sei. Vielmehr sollte sich »Spitzenverkehr« auf die Spitzenverkehrsnachfrage beziehen.
Dieses Vorgehen entspricht nicht den Bestimmungen des Angerland-Vergleiches, der nach wie vor für alle beteiligten Parteien gilt (hier insbesondere Vergleich a, Teil 1, A II).
Die Nutzung der Parallelbahn soll prinzipiell nur dann erfolgen, wenn in der Luft oder am Boden Wartezeiten bestehen - dies ist die vorgesehene Deutung des Begriffes »Spitzenzeit«, in der auch die Nordbahn genutzt werden kann. Bezieht sich »Spitzenverkehr« jedoch auf die Zeiten der Spitzennachfrage, so bedeutet dies eine weitere Erhöhung der Fluglärmbelastungen für die Bürger insbesondere in den empfindlichen Tagesrand- und Nachtzeiten.

Die von der FDG vorgeschlagene Deutung des Begriffs »Spitzenzeiten« wird daher von der Stadt Mülheim an der Ruhr abgelehnt. Der Satz »Zeiten des Spitzenverkehrs sind dann gegeben, wenn für Luftfahrzeuge im Luftraum oder am Boden Wartezeiten bestehen« muss weiterhin zwingend Bestandteil der Genehmigung bleiben.

4. Mängel des lärmphysikalischen Gutachtens »Vergleichende Untersuchung über die Fluglärmbelastung in der Umgebung des Flughafens Düsseldorf für drei Flugbetriebsfälle«
Bei der Verteilung der Flugverkehre auf die Betriebsrichtungen wird weiterhin vom 80:20-Kriterium ausgegangen (s. S. 23), obwohl der Ansatz des 100:100-Kriteriums angebrachter wäre. Gerade die Flugrichtung 05 ist damit nach Auffassung der Stadt Mülheim an der Ruhr nicht ausreichend repräsentiert, denn bei stabilen Wetterlagen kann die Belegung auch dieser Flugrichtung ununterbrochen mehrere Tage, ja sogar Wochen betragen. Die Belastung der Bürger während dieser Zeit kann nicht einfach über das Jahr »weggemittelt« werden, auch wenn dies bei den Verfahren des Flughafens Düsseldorf leider seit Jahren Praxis ist.

Zur Aufteilung der Flugbewegungen auf die Betriebsrichtungen gibt es u.a. ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, welches definitiv die Zugrundelegung des 100:100-Kriteriums voraussetzt. Insbesondere vor dem Hintergrund der Novellierung des Fluglärmgesetzes, in der die Einführung einer 100:100-Regelung vorgesehen ist, scheint das Vorgehen innerhalb des Gutachtens grob fehlerhaft. Zumindest hätte jedoch eine Alternativberechnung unter Zugrundelegung des 100:100-Kriteriums erfolgen müssen. Darüber hinaus entspricht die 80:20-Verteilung nicht einmal dem langjährigen Mittel (dieses liegt eher bei 75:25 bis 70:30).

Als Folge dieser falschen Annahmen muss von der Ausweisung zu kleiner Lärmschutzzonen durch das Gutachten ausgegangen werden.

Aufgrund der genannten Mängel wird das lärmtechnische Gutachten als Genehmigungsgrundlage abgelehnt.

5. Vermehrte Lärmbelastung der Mülheimer Bürger durch die Ausweitung der Stundeneckwerte auf 45 Bewegungen pro Stunde zwischen 6 und 23 Uhr und Mängel des lärmmedizinischen Gutachtens »Bewertung der Fluglärmbelastung in der Umgebung des Flughafens Düsseldorf«
Seit Anfang des Jahres 2000 hat die auf die Stadt Mülheim an der Ruhr einwirkende Lärmbelastung vom Flughafen Düsseldorf deutlich zugenommen.
Auch wenn auf Mülheimer Stadtgebiet laut lärmtechnischem Gutachten (s. Punkt 4) noch keine der geltenden Richt- und Grenzwerte für Fluglärmbelastungen überschritten werden, so sind die Mülheimer Bürger zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon erheblich durch Fluglärm belastet.

Messungen auf Mülheimer Stadtgebiet ergeben bereits heute Überschreitungen der Erheblichkeitskriterien des Umweltbundesamtes. So sind im südlichen Stadtgebiet Dauerschallpegel von 56,1 dB(A) tags und 43,4 dB(A) nachts gemessen worden, die Maximalpegel liegen bei bis zu 89,5 dB(A) (Fluglärmgutachten der Accon Köln GmbH, 2004).

Der Dauerschallpegel von 56,1 dB(A) impliziert nach den Untersuchungen des Umweltbundesamtes (Ortscheid/Wende 2000) bereits eine »erhebliche Belästigung«, die bei Werten von über 55 dB(A) eintritt.
Auch (nächtliche) Einzelpegel über 50 dB(A) innen, die in Mülheim laut Gutachten vorliegen, wenn man von einer Dämpfungswirkung eines gekippten Fensters von 10 dB(A) ausgeht, führen zu Veränderungen des Schlafablaufs und nächtlichen Aufwachreaktionen. Hierdurch sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Störungen des Nachtschlafs zu befürchten. Gleiches gilt für nächtliche Dauerschallpegel oberhalb 30 dB(A). Auch diese werden bereits zum heutigen Zeitpunkt erreicht (s.o.). Die im Gutachten genannte Aufwachschwelle von 60 dB(A) ist nach den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung nicht zu halten und als schlichtweg falsch abzulehnen.

Es werden aus Sicht des Lärmschutzes im lärmmedizinischen Gutachten von Jansen/Scheuch unrichtige Grenzwertkriterien herangezogen. Nach Erkenntnissen des Umweltbundesamtes beginnt die erhebliche Belästigung bereits ab Dauerschallpegeln von 55 dB(A). Da auch Belästigungsreaktionen langfristig zu Stress und damit ggf. gesundheitlichen Schäden führen können, ist der Einsatz des Kriteriums »62 dB(A) tags« als Präventivkriterium völlig unzureichend. Darüber sind sich auch die Mehrzahl der Lärmwirkungsforscher (mit Ausnahme von Prof. Jansen selbst) einig.

Insbesondere die Ausweitung der nächtlichen (22 bis 23 Uhr) Flugbewegungen auf 45 Landungen ist aus Mülheimer Sicht äußerst negativ zu werten, da sie einer Steigerung von bis zu 300 (!) Prozent (bisheriger Winterflugplan: 15 Bewegungen) gleichkommt. Dies ist nach Einschätzung der Stadt Mülheim an der Ruhr keinesfalls zu vertreten.
Der Nachtbereich und somit der Schlaf muss besonderen Schutz vor den schädlichen Auswirkungen des Fluglärms erhalten. Daher wird aus Sicht der Stadt Mülheim an der Ruhr die Ausweitung auf 45 Landungen zwischen 22 und 23 Uhr strikt abgelehnt. Angeregt wird vielmehr eine Beibehaltung der bisher geltenden Regelungen für diesen hoch sensiblen Bereich.

Gleiches gilt für den frühen Morgenbereich. Auch hier ist von einer weiteren Ausweitung der Stundeneckwerte dringend abzusehen.

6. Beurteilung der lufthygienischen und klimatischen Belange - Mängel der »Emissions- und Immissionsprognose Luftverunreinigungen für das Anschlussgenehmigungsverfahren Flughafen Düsseldorf«
Auswirkungen des Luftverkehrs sind sowohl für den Klimaschutz (durch die Freisetzung von treibhausrelevanten Substanzen) als auch allgemein auf die Luftreinhaltung durch die Emission von Luftschadstoffen festzustellen.
Die bereitgestellten Antragsunterlagen beinhalten unter 8. ein Luftverunreinigungsgutachten "Emissions- und Immissionsprognose Luftverunreinigungen für das Anschlussgenehmigungsverfahren Flughafen Düsseldorf" erstellt von: Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co Kg, Karlsruhe, Januar 2004.
In diesem Gutachten werden die Komponenten NO2, SO2, CO, HC, Benzol, BaP und PM10 berücksichtigt.

Bei der Berechnung der Luftschadstoffemissionen werden für das Flugverkehrsaufkommen die Prozent-Anteile der Flugzeuggruppen entsprechend AzB-99 auf die Monate sowie auf die Tageszeit, in Zweistundenintervallen, genutzt.
Da bei der Grenzwertbetrachtung z.T. Stundenwerte relevant sind, wäre eine Aufteilung auf Stundenbasis sinnvoll, um auch die jeweilige Spitzenstunde zu ermitteln. Dies gilt insbesondere, da das zur Immissionsberechnung eingesetzte Programm die Konzentrationen jeweils über eine Stunde mittelt.

Die mittlerweile vorliegenden Messdaten des Jahres 2003 für die Station Lörick für PM10:
Jahresmittelwert: 26 µg/m³, Anzahl der Tagesmittelwerte >50µg/m³ = 23, d.h. gegenüber den im Gutachten berücksichtigten Jahren 2001/ 2002 geringfügig erhöhter Wert.
Bei der Beurteilung der Immissionsbelastung gehen die Autoren davon aus, dass die Belastung in Wohngebieten relevant ist. Es scheint mittlerweile fraglich, ob diese Einschätzung weiterhin beibehalten werden kann, da das BVerwG in einem Urteil des 9. Senats vom 26. Mai 2004 (BVerwG 9 A 6.03) feststellt, dass die Grenzwerte der 22. BImSchV überall einzuhalten sind, wo sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, also wohnen, arbeiten oder lernen. Weiterhin wird in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass die Grenzwerte der 22. BImSchV nicht nur im Mittel für ein bestimmtes Gebiet einzuhalten sind, sondern ein individuelles, lokales Recht auf Einhaltung dieser Werte gilt.

Die Berechnung der Luftschadstoffemissionen beschränken sich auf das unmittelbare Flughafenumfeld. Dies führt natürlich zu einer deutlichen Unterschätzung der flugverkehrbedingten Luftschadstoffbelastung (s. hierzu auch Tab.5.8 S.33 im oben genannten Gutachten).

Ein Gutachten zur Ermittlung der Klimarelevanz der Emissionen fehlt. Eine solche Untersuchung ist nachzureichen, da gerade die Auswirkungen des Flugverkehrs auf den Klimaschutz deutlich sind.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass -bezogen auf das Mülheimer Stadtgebiet- vor allem die Emissionen von Treibhausgasen relevant sind, insbesondere bei Betrachtung der Emissionen pro Fluggast. Hierzu werden in den vorliegenden Unterlagen keine Aussagen getroffen. Insbesondere durch Inkrafttreten der Kyotovereinbarung besteht für die Bundesrepublik eine Verpflichtung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Die derzeit gültige Fassung des Treibhausgasemissionshandelsgesetz (THG) sieht zunächst keine Vorgaben für den Flugverkehr vor. Allerdings wird im Kyotoprotokoll ausdrücklich der Verkehr als Emissionsquelle benannt (Kyoto-Protokoll Anlage 1).
Die Ermittlung der Luftschadstoffemissionen nur für das direkte Flughafenumfeld führt zu einer deutlichen Unterschätzung.

Ohne die entsprechenden Informationen ist eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen auf die Luftschadstoffimmissionen sowie den Treibhauseffekt nicht möglich.

Bereits jetzt kann aber festgestellt werden, dass ein Steigerung der Flugkapazitäten dem Schutz des globalen Klimas entgegen steht.

7. Mängel des Gutachtens »Bestimmung der Kapazität der Start-/Landebahn 23L/05R (Südbahn) und des Zweibahnsystems«
Das Gutachten enthält mehrere gravierende Schwächen. Der Gutachter schreibt bereits in der Kurzfassung (S.7):
»Diese Kapazität repräsentiert jene Verkehrsleistung, die unabhängig von den Sichtverhältnissen auf der Südbahn stündlich erzielt werden kann. Im Ergebnis wurde hier für einen zulässigen Verzögerungswert von 8 Minuten und 3 NM Mindeststaffelung eine praktische stündliche Kapazität von 37 Bewegungen pro Stunde ermittelt.«

Dies allein ist als entscheidend zu werten, da es sich hierbei um einen Wert handelt, der auch bei nicht optimalen Bedingungen sicher abgewickelt werden kann. Im Zuge der Sicherheit ist grundsätzlich nicht vom Optimalfall, sondern dem schlechtesten denkbaren Fall auszugehen.

Im weiteren Verlauf des Gutachtens wird jedoch vom Gutachter formuliert: »Im Ergebnis kann bestätigt werden, dass eine Bewegungszahl von 45 pro Stunde auf der Südbahn bei betrieblich günstigen, üblicherweise vorherrschenden Bedingungen als entsprechend erhöhter praktischer Kapazitätswert der Bahn eingestuft werden kann« (Hervorhebungen im Original nicht enthalten).

Auf S. 16 wird in den Tabellen auf der trockenen Bahn ein »Regular Exit« mit einem »High Speed Exit« verglichen. Letzterer ist nach Auffassung der Stadt Mülheim an der Ruhr ersatzlos zu streichen. Ferner sind für die Simulation sowieso die Werte für die »nasse Bahn« heranzuziehen, da aus Sicherheitsgründen immer vom schlechtesten denkbaren Fall, nicht von Mittelwerten auszugehen ist. Dieser Kritikpunkt gilt auch für Fußnote 10 auf S. 19. Hier wird einfach auf eine differenzierte Betrachtung der Bahnbelegungszeiten verzichtet und von den Werten für die trockene Bahn ausgegangen, obwohl diese an nicht allen Tagen im Jahr vorherrschen und die Belegungszeiten für die nasse Bahn erheblich abweichen.

Ebenfalls wird der Festlegung einer »mittleren, gewichteten Landebahnbelegungszeit« (S. 17) widersprochen. Auch hier ist aus Sicherheitsgründen vom schlechtesten Fall auszugehen.

Darüber hinaus werden die auf S. 17 in den Fußnoten 5 bis 7 genannten Überprüfungen und tabellarischen Darstellungen dem Gutachten nicht zur Nachprüfung beigelegt. Dies ist nachzuholen. Gleiches gilt für die auf S. 18 erwähnten »tatsächlich gemessenen Werte« der Anfluggeschwindigkeiten.

Das ganze gewählte Vorgehen der Gutachter im Kapitel 3.1.2 »Berechnung der Abflugkapzität« steht in krassem Gegensatz zu den Äußerungen der Deutschen Flugsicherung GmbH in einem Bericht an die Fluglärmkommission des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 05.02.2003. Hier wurde eindringlich betont, dass theoretische Betrachtungen nur dann eintreten können, wenn Abflüge über den ganzen Tag verteilt immer optimal auf die Abflugstrecken verteilt wären. Dies treffe jedoch in der Praxis nicht zu. Im diesem Kapitel wie auch im ganzen übrigen Gutachten wird jedoch permanent von diesen Optimalfällen ausgegangen.

Die auf den S. 25 ff. durchgeführte Plausibiltätsprüfung der TOSIM-Simulationen widerspricht eindeutig den zuvor durch den Gutachter ermittelten Ergebnissen. So legt die DFS der Simulation komplett andere (durchweg kürzere) Bahnbelegungszeiten zugrunde als die GfL. Auch wenn diese auf tatsächlichen stattgefundenen Verkehrsabläufen basieren, so muss hier doch ernsthaft hinterfragt werden, warum ausgerechnet solche ausgewählt wurden, die allen Optimalanforderungen entsprechen. Auch hier hätte im Rahmen der Sicherheit wieder vom denkbar schlechtesten Fall ausgegangen werden müssen.

Das auf S. 27 [12] zitierte Schreiben der DFS wird im Gutachten nicht offengelegt und ist daher nicht nachprüfbar. Dies ist nachzuholen.

Nach Auswertung aller o.g. Kritikpunkte wird das Gutachten abgelehnt. Die langfristig planbare Kapazität der Südbahn nach Auffassung der Stadt Mülheim an der Ruhr zu korrigieren, dementsprechend ist der ganze Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH nochmals zu überarbeiten.

8. Mängel des Gutachtens »Untersuchung zur flugbetrieblichen Anflugkapazität der Südbahn des Flughafens Düsseldorf International«
Dem Gutachter unterläuft auf S. 31 ein grober Schätzfehler. Es heißt, 1 - 3 verspätete Starts hätten 2 bis 5 weniger mögliche Landungen zur Folge. Unter Sicherheitsaspekten ist es nur zu logisch, in diesem Fall von 5 weniger möglichen Landungen auszugehen. Hier allerdings wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass nur 2 Landungen weniger möglich sind. Auf diese Art und Weise kommt der Gutachter dann zu der Annahme, dass bei 47 theoretisch möglichen Landungen unter Annahme dieser Prämisse auf 45 Landungen möglich sind.

Ferner lässt das Kapazitätsgutachten zur flugbetrieblichen Anflugkapazität befürchten, dass 45 Flugbewegungen eigentlich nur unter Kriterien zu erreichen sind, die mit Sicherheit nicht das ganze Jahr vorherrschen. So ist eine Staffelung von 2,5 NM nur bei extrem guten Flugbedingungen möglich. Im Falle einer Staffelung von 3 NM, die eigentlich Usus und auch bei schlechteren Bedingungen noch einzuhalten ist und nicht umsonst »Radarmindeststaffelung« genannt wird, können nur bei 12 Minuten Verzögerung 45 Bewegungen erreicht werden. Bei bestimmten Konstellationen (Heavy => Light) sollten diese Staffelungen sogar auf bis zu 6 NM ausgedehnt werden. Daher ist davon auszugehen, dass 45 Flugbewegungen pro Stunde unter Normal-(nicht Optimal-!)Bedingungen nicht zu erreichen sind. Der ganze Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH ist damit in Frage zu stellen, da das Gutachten aus Sicht der Stadt Mülheim an der Ruhr abzulehnen ist.

9. Mängel der »Risikoanalyse für den Flughafen Düsseldorf International«
Der Flughafen Mönchengladbach und seine Wechselwirkungen mit den Flugverkehren des Flughafens Düsseldorf wurden nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl der Gutachter sogar selbst anzweifelt, dass eine (ja bereits prognostizierte) simultane Verkehrssteigerung in Mönchengladbach und Düsseldorf möglich ist (S. 21 der Kurzfassung, Kapitel 10 der Risikoanalyse, S. 137 ff). Daher wird sogar eine gesonderte Überprüfung dieses Umstandes durch die Deutsche Flugsicherung GmbH empfohlen. Diese Überprüfung bleibt allerdings aus und ist nicht in der Antragsunterlagen enthalten.
Bis zum Vorliegen eines entsprechenden Gutachtens sind die Antragsunterlagen daher als unvollständig zu werten, der Antrag somit abzulehnen.

Ferner wird im Gutachten der Fehler begangen, sich in der Risikoanalyse ausschließlich auf die 80:20-Richtungsverteilung des Datenerfassungssystems der Flughafen Düsseldorf GmbH zu beziehen. Auch hier wäre eine 100:100-Verteilung angebracht, da Risiken nicht auf der Basis von statistischen Mittelwerten, sondern vielmehr auf die real möglichen Bedingungen abzustellen sind.

FAZIT
Die Stadt Mülheim an der Ruhr lehnt den Antrag der Flughafen Düsseldorf GmbH aus formalen und inhaltlichen Gründen ab und spricht sich dafür aus, den bisherigen Zustand beizubehalten.

Kontakt


Stand: 10.07.2013

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