ZEITZEICHEN 1. August 1912: Eröffnung des Stadtbads

Ansicht des am 1. August 1912 eröffneten Stadtbads (Blick vom Broicher Ruhrufer)

Am Abend des 1. August 1912 empfing Oberbürgermeister Lembke zusammen mit dem aus Düsseldorf angereisten Regierungspräsidenten eine größere Anzahl von Mülheimer Honoratioren zur Einweihung des neuen Stadtbades. Er gedachte vor allem der Industriellen August und Joseph Thyssen, die im Jahr 1906 durch eine Stiftung die Grundlage für die Finanzierung geschaffen hatten. Es folgten eine Besichtigung der umfangreichen Badeeinrichtungen und sportliche Vorführungen von Damen- und Herrenschwimmern.

Anschließend begab sich die Gesellschaft zur Festtafel. Aufgetischt wurden unter anderem Bachforellen, Masthühner und gemischtes Eis. Die Weinkarte begann bei Wein für 2 Mark und endete mit einer Flasche Champagner für 15 Mark (Das monatliche Durchschnittseinkommen lag damals bei ungefähr 100 Mark!). Die Hauptansprache hielt Regierungspräsident Dr. Francis Kruse. In einer humorvollen Rede dankte er für den freundlichen Empfang im "Heiligtum der Reinheit" und sprach über die bedeutenden Bauten, die in dieser Zeit die Stadt veränderten, die vor einem Jahr fertiggestellte Schlossbrücke, das demnächst entstehende neue Rathaus und die geplante Ansiedlung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kohlenforschung.

Während die geladenen Gäste beim Festmahl saßen, feierten Tausende von Mülheimern in den Lokalen der Stadt und sammelten sich auf der Schlossbrücke und an der Ruhr, um auf die abendliche Uferbeleuchtung und das große Feuerwerk zu warten, das diesen Festtag abschloss.

Mit dem Stadtbad, das seit 1910 nach den Plänen des städtischen Beigeordneten Karl Helbing erbaut worden war, war erstmals eine Einrichtung vorhanden, die das in dieser Zeit immer deutlicher empfundene Bedürfnis nach Bade-, Schwimm- und Reinigungsmöglichkeiten befriedigte. Im Gegensatz zu früheren Zeiten galt das Schwimmen jetzt als ein Mittel der Körperertüchtigung, das Baden hielt man für gesundheitsfördernd. Zu diesem Zweck gab es eine Herren- und Damenschwimmhalle. Da die meisten Mülheimer Häuser noch keinen Wasseranschluss und erst recht kein eigenes Badezimmer hatten, waren die Wannen- und Brausebäder im Stadtbad für die Mülheimer Bevölkerung von großer Bedeutung. Daneben gab es auch weitere gesundheitsfördernde Angebote wie römische Dampfbäder, medizinische Bäder und einen orthopädischen Turnsaal. Zur Kettenbrückstraße hin, wo das Grundstück zu schmal für die Badeeinrichtungen war, lagen ein Café, ein Weinrestaurant, eine Bierstube und Läden.

Städtebaulich gab das Stadtbad zusammen mit der Schlossbrücke dem bisher eher kleinstädtisch wirkenden Ruhrübergang einen monumentalen, großstädtischen Charakter. Ergänzt wurde es durch ein architektonisch passendes (heute nicht mehr existierendes) Brückenhaus auf der anderen Straßenseite. Das damals begonnene Ensemble am Ruhrufer wurde 1926 durch die Stadthalle auf der anderen Seite der Ruhr vollendet.

Das Stadtbad hatte eine wechselvolle Geschichte geprägt von Umbauten, schweren Kriegszerstörungen und Wiederaufbau. Nach fast 90-jähriger Nutzung wurde es 1998 geschlossen. Nicht nur der Bade- und Schwimmbetrieb ist eingestellt worden, sondern auch die Nutzung durch Kultureinrichtungen wie Stadtbücherei und Museum sind Vergangenheit.

Als Bestandteil von Ruhrbania sind im ehemaligen Stadtbad Wohnungen entstanden, so dass nach dem Verlust aller ursprünglichen Funktionen das Gebäude des Stadtbads als Teil des städtebaulichen Ensembles an der Ruhr erhalten bleibt.

Autor: J. Fricke

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Stand: 17.12.2019

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