ZEITZEICHEN 30. April 1892: Einweihung der Luisenschule
Eine höhere Mädchenschule in Mülheim an der Ruhr wird erstmals 1838 erwähnt, als an einer privat gegründeten höheren Knabenschule auch eine Mädchenklasse gebildet wurde. Die Schule erwies sich allerdings nicht als überlebensfähig. Daher gründete die Stadt Mülheim 1852 eine höhere Bürgerschule für Jungen, der eine höhere Mädchenschule angegliedert wurde.
1884 gelang es dem Rektor Finsterbusch, der als der eigentliche Organisator der Schule gilt, die Selbstständigkeit der Mädchenschule zu erreichen. Da sie inzwischen alle Anforderungen erfüllte, die man an eine höhere Mädchenschule stellte, erhielt sie die ministerielle Bestätigung. Mit dem Wachsen der Schule nahm die Raumnot im Laufe der Jahre zu. Daher entschloss sich die Stadt Mülheim, ein eigenes Schulgebäude zu errichten. Der Neubau an der Ecke von Adolf- und Kaiserstraße wurde nach den Plänen des Stadtbaurats Schäfer ausgeführt und konnte zu Ostern 1892 bezogen werden.
Die Einweihungsfeier fand am 30. April 1892 im Festsaal der neuen Schule statt. In der Mülheimer Zeitung wird berichtet, dass die Reden des Bürgermeisters und Direktors von Gesangsdarbietungen und Deklamationen der Schülerinnen, Gebet und Hoch auf den Kaiser umrahmt wurden. Bürgermeister von Bock führte unter anderem aus: „Lenken Sie häufig die Blicke ihrer Schülerinnen auf die [...] edle Königin Luise, deren Büste hier auch diesen Raum ziert und lehren Sie die Kinder an ihrem Beispiele sich immer mehr dem Ideale wahren Patriotismusses und echt deutscher Weiblichkeit zu nähern. [...] Fördern Sie unsere Töchter tüchtig in den Wissenschaften, die einem Mädchen zu wissen Not thun, [...] machen Sie aus Ihnen aber keine Gelehrtinnen und Blaustrümpfe, sondern frische verständige Menschenkinder, die überall wo sie das Geschick später einmal hinstellt, mitten in die Welt hineinpassen.“ - Damals wurde also vor allem die gebildete Ehefrau und Mutter angestrebt, nicht die berufstätige Frau.
In der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der „Luisenschule“ von 1902 wurde über den inzwischen durch einen Anbau erweiterten Schulbau geurteilt: „Weit übertrifft er an Schönheit der Form, an Vollständigkeit und Eleganz der Einrichtung die Schwesteranstalten der Nachbarstädte.“ Außer den geräumigen 13 Klassenräumen gab es besondere Räume für den Zeichen-, Gesangs- und Physikunterricht, eine Turnhalle und einen Festsaal. Treppenhaus und Festhalle wurden durch bunte Glasfenster geschmückt, die von ehemaligen Schülerinnen zum Jubiläum gestiftet worden waren. Der Schulhof wurde von Linden beschattet, während ein Schulgarten für den botanischen und Zeichenunterricht genutzt werden konnte.
Die Luisenschule blieb bis 1934 in dem Schulgebäude an der Adolf- und Kaiserstraße; dann wurde sie in einen Flügel des Mittelschulgebäudes verlegt. Im Krieg wurde das alte Schulgebäude der Luisenschule durch Bomben zerstört. In den 1950er Jahren baute die Stadt für die Luisenschule einen Neubau "An den Buchen".
Ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 2011 – inzwischen war die Luisenschule längst ein Gymnasium für Mädchen und Jungen - wurden umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten notwendig, um das Schulgebäude für die Ansprüche des modernen Unterrichts umzugestalten.
Autor: J. Fricke
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Stand: 17.12.2019
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