ZEITZEICHEN 8. April 1847: Geburt von Emil Kirdorf
Der Königliche Geheimrat, Kommerzienrat und Generaldirektor Emil Kirdorf, geboren am 8. April 1847 in Mettmann, war zu seinen Lebzeiten einer der prominentesten Vertreter der deutschen Wirtschaft, die ihren Wohnsitz in Mülheim an der Ruhr hatten.
Aufgewachsen in einer Weberfamilie in Mettmann, erlernte Kirdorf nach dem Abschluss der Realschule in Düsseldorf zusammen mit seinem Bruder Adolf das elterliche Handwerk an der Webereischule in Mülheim am Rhein. Anschließend arbeitete er im elterlichen Betrieb, der jedoch durch das Aufkommen der mechanischen Webstühle in finanzielle Nöte geriet und Anfang der 1870er Jahre schließen musste. Kirdorfs älterer Bruder Adolf, zu diesem Zeitpunkt technischer Direktor einer Weberei in Leichlingen, vermittelte ihm daraufhin die Stelle eines kaufmännischen Leiters der Bergbau AG "Holland" in Wattenscheid. Der Großindustrielle Friedrich Grillo wurde dort auf ihn aufmerksam und empfahl ihn als kaufmännischen Direktor der 1873 gegründeten "Gelsenkirchener Bergwerks AG" (GBAG). Zusammen mit seinem Mentor Grillo betrieb er durch die Übernahme von namhaften deutschen Hüttenwerken die Expansion des Unternehmens, so dass die GBAG bald zum größten deutschen Montankonzern aufstieg. Emil Kirdorf erhielt den Vorsitz im Vorstand.
Die Gründung des "Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats" im Jahre 1893 ging auf seine Initiative zurück; dieses wurde dann über drei Jahrzehnte lang von ihm geleitet. Diese Interessenvereinigung der Bergwerksgesellschaften an Rhein und Ruhr legte Absatz und Preis der Kohle in der Region fest und bildete somit ein mächtiges Kartell innerhalb der deutschen Montanindustrie. Im April 1925 gab er sein Amt im Kohlensyndikat auf. Als dessen Ehrenvorsitzender verfügte er jedoch nach wie vor über großen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Auf seinen Rat und sein Wort hörte man.
Seinen privaten Wohnsitz hatte Kirdorf im Jahre 1905 nach Mülheim an der Ruhr auf den im Uhlenhorst gelegenen "Streithof" verlegt. Seit 1917 bereits Ehrenbürger der Stadt Gelsenkirchen, wurde Emil Kirdorf 1935 mit dieser Auszeichnung auch in seiner neuen Wahlheimat Mülheim gewürdigt. Darüberhinaus wurde die städtische Oberrealschule, Vorläufer des heutigen Karl-Ziegler-Gymnasiums, in Kirdorfschule umbenannt. Ebenso wurde anlässlich seines 90. Geburtstags im April 1937 die Widmung einer Straße beschlossen. Ein Teil der Großenbaumer Straße trug fortan - bis 1945 - seinen Namen.
Kirdorfs politische Ansichten waren umstritten. Die Politik Bismarcks unterstützte er, Wilhelm II. dagegen lehnte er ab ebenso wie die Politiker der Weimarer Republik. Im Jahre 1927 kam er bei einer Parteiveranstaltung in Essen in Berührung mit dem Nationalsozialismus und dessen Galionsfigur Adolf Hitler. In ihm sah er den Mann, der die politischen und wirtschaftlichen Probleme in Deutschland überwinden und den Deutschen ihren Nationalstolz zurückgeben würde. Er verwendete sich für Hitler gegenüber der deutschen Unternehmerschaft, ließ seine guten Beziehungen spielen und setzte sich beim Reichspräsidenten Paul von Hindenburg für die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler ein. Im Januar 1933 ermöglichte er Hitler eine Rede vor dem Düsseldorfer Industrieklub, was dessen "Salonfähigkeit" in den deutschen Wirtschaftskreisen förderte. Zu mehreren Geburtstagen Kirdorfs kam Hitler eigens nach Mülheim, um seine Glückwünsche persönlich zu überbringen.
Die katastrophalen Folgen der Hitlerschen Politik erlebte Emil Kirdorf nicht mehr. Am 13. Juli 1938 verstarb er im Alter von 91 Jahren auf dem "Streithof" in Mülheim. Seine Asche wurde in der Familiengruft auf einem Friedhof in Düsseldorf beigesetzt.
Am 23. März 1995 beschloss der Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr, ihm wegen seiner Haltung zum Nationalsozialismus die Ehrenbürgerrechte wieder abzuerkennen.
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Stand: 19.09.2018
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