ZEITZEICHEN 10. Februar 1916: Erste Sitzung der Stadtverordneten im neuen Rathaus

Der Ratssaal mit den Porträts von Bismarck und MoltkeAls die Stadt Mülheim an der Ruhr im Jahr 1904 kreisfrei wurde und sich durch umfangreiche Eingemeindungen vergrößerte, stieg auch die Zahl der Stadtverordneten erheblich an. In dem alten Rathaus von 1842, in dem sie bisher getagt hatten, reichte der Platz nicht mehr aus. In dieser Situation war es für die Stadt Mülheim ein großer Vorteil, dass der stark verkleinerte Kreis Mülheim das Kreishaus in der Teinerstraße an die Stadt abgeben musste. Der Sitzungssaal des Kreistages, ein an das Kreishaus angebauter Oberlichtsaal, eignete sich gut für die Stadtverordnetenversammlung. Sie tagte dort vom 2. Januar 1904, als der Oberbürgermeister Lembke in sein Amt als Oberbürgermeister der vergrößerten Stadt Mülheim eingeführt wurde, bis zum Ende des Jahres 1915, also insgesamt 12 Jahre.

Da das alte Rathaus schon längst viel zu klein war und mehrere weitere Gebäude für die Verwaltung angemietet worden waren, wurde schon bald nach der Amtsübernahme von Lembke mit den Planungen für einen Rathausneubau begonnen. Nach einem Wettbewerb im Jahr 1911 wurde entschieden, den drittplatzierten Entwurf der Architekten Arthur Pfeifer und Hans Großmann in veränderter Form zu verwirklichen. Einer der Gründe für diese Entscheidung war der Ratssitzungssaal, dessen Größe und gute Zugangsmöglichkeiten gelobt wurden. Auch die anschließenden Räume wie Kommissionszimmer, Empfangs- und Erfrischungsraum waren günstig gelegen. - Die Bauarbeiten am Rathaus  begannen 1913 und wurden durch den Beginn des Ersten Weltkrieges vorübergehend unterbrochen. Im Jahr 1915 konnte die Verwaltung einziehen.

Im Gegensatz zu den nüchtern wirkenden Büroräumen des Rathauses dauerte die Ausstattung der zum Rathausmarkt gelegenen Repräsentationsräume mit dem Ratssaal etwas länger, da sie aufwendig gestaltet wurden. Sie orientientierten sich an historischen Vorbildern; der Stil war auch für die damalige Zeit konservativ. Die Wände des Ratssaals waren in rot gehalten; schwer wirkten die dunkle Holzdecke mit Kassettierungen aus Nussbaumholz, die massiven Türen und die mit Schnitzereien verzierten Möbel, einen Kontrast dazu bildeten zierliche Stuckarbeiten und Kronleuchter aus Glas. Der Ratssaal, der auch eine Presse- und Zuschauertribüne hatte, erhielt eine "kaisertreue" Ausstattung durch die von den Unternehmerfamilien Thyssen und Stinnes gestifteten großen Bilder von Kaiser Wilhelm I. und II., Bismarck und Moltke.

Am 10. Februar 1916 fand die erste Sitzung der Stadtverordneten im neuen Rathaus statt. Oberbürgermeister Lembke wies darauf hin, dass die Stadtverordneten an diesem Tag zum ersten Mal wieder an derselben Stelle tagten, an der sie im alten Rathaus viele Jahre zusammengekommen waren.

Während der Erste Weltkrieg den Bau und die Ausstattung des neuen Rathauses kaum beeinträchtigt hatte, wurden bei dem großen Bombenangriff auf Mülheim an der Ruhr am 22./23. Juni 1943 große Teile des Rathauses, unter anderem der Ratssaal, zerstört. Nach dem Krieg musste der Rat an wechselnden Orten, zum Teil in Gaststättensälen, tagen. Es dauerte mehr als 13 Jahre, bis er 1956 erstmals wieder im Ratssaal zusammentreten konnte, der ohne den Prunk der Ursprungszeit im Stil der 1950er Jahre wiederhergestellt worden war. - Wieder ein halbes Jahrhundert später, in den Jahren zwischen 2009 und Anfang 2012 erfolgten die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten. Dazu gehörte eine Gesamtentkernung, aber natürlich wurden die denkmalwerten Elemente komplett erhalten. Über 45 Millionen Euro investierte die Bauherrin, die "Stadttochter" SWB – Service-, Wohnungsvermietungs- und –baugesellschaft mbH, in die Ertüchtigung des stadtbildprägenden Gebäudes.

Autor: J. Fricke

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Stand: 16.12.2019

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