ZEITZEICHEN 2. August 1908: Grundsteinlegung des Bismarckturms

Postkartenansicht des Bismarckturms und der Gaststätte FloraGegen Ende des 19. Jahrhunderts war eine Person im täglichen Leben der Deutschen nahezu ständig präsent: Otto von Bismarck, der erste Kanzler des Deutschen Kaiserreichs von 1871. So trug nicht nur der berühmte Bismarck-Hering seinen Namen, auch zahlreiche Straßen, Plätze, Schulen usw. wurden nach ihm benannt. Darüber hinaus gab es zahlreiche literarische Würdigungen in Liedern, Gedichten, Erzählungen, Werkausgaben und vieles mehr. Unzweifelhaft gab es eine echte, volkstümliche Begeisterung für Bismarck, die schon zu seinen Lebzeiten einsetzte. Auch Mülheimer Honoratioren gehörten beispielsweise zu den Gratulanten, die Bismarck an seinem 80. Geburtstag 1895 in Friedrichsruh die Aufwartung machten.

Eine Form der Würdigung nimmt jedoch eine Sonderstellung ein und ist nur im Zusammenhang der Bismarck-Verehrung bis zum Ersten Weltkrieg entstanden. Es handelt sich hierbei um die Bismarcktürme, die überall im Deutschen Reich errichtet wurden. Die Idee hierzu entstand in den Reihen der deutschen Studentenschaft nach dem Tode Bismarcks am 30. Juli 1898. In einem Aufruf forderten sie, im ganzen Land Bismarcktürme zu errichten, um auf ihren Spitzen Feuerfanale abbrennen zu können. So sollte Deutschland an bestimmten Festtagen in Erinnerung an Bismarck und die Gründung des Kaiserreichs durch ein Netz von "flammenden Denkmälern" geeint und verbunden werden. Diese Idee fand auch tatsächlich begeisterte Aufnahme, berührte sie doch in eigentümlicher Weise durch ihre germanophile, deutschtümelnde Selbstagitation weite Teile der Bevölkerung. Nicht so sehr von Bismarckbegeisterung infiziert waren verständlicherweise Katholiken oder Sozialdemokraten, die unter Bismarckscher Politik zu leiden gehabt hatten.

Auch in Mülheim an der Ruhr wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Plan gefasst, einen Bismarckturm zu errichten. Der Mülheimer Wohltäter Dr. Hermann Leonhard bat 1904 um die baupolizeiliche Erlaubnis, auf seine Kosten einen Bismarckturm nach einem Entwurf des städtischen Beigeordneten Carl Linnemann auf dem Kahlenberg zu errichten. Dieser Erlaubnis stand nichts im Wege, und so wurde mit der Planung und Ausführung des Turms begonnen. Leider verstarb Dr. Leonhard im November 1905, doch seine Frau Margarethe, geb. Stinnes, führte das Projekt in seinem Sinne weiter. 1908 war es schließlich soweit: Der Grundstein konnte gelegt werden. Eigentlich war als symbolträchtiges Datum der 10. Todestag Bismarcks vorgesehen. Da der 30. Juli 1908 jedoch auf einen Donnerstag fiel und ein Werktag nicht als angemessen für eine würdige Feier angesehen wurde, einigte man sich auf den darauf folgenden Sonntag. Am 2. August 1908 wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung in Anwesenheit zahlreicher Gesangsvereine der Grundstein gelegt. Dass auch in Mülheim die Bismarckverehrung bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung einschloss, zeigte sich beim abendlichen Festbankett im Restaurant "Kahlenberg". Der Festredner Karl Itzenplitz nutzte den Anlass zu einer offenen Brüskierung von Katholiken und Sozialdemokraten, die selbst von der gemäßigten Lokalpresse mit einigem Unmut zur Kenntnis genommen wurde.

Fertig gestellt wurde der Bismarckturm planmäßig am 1. April 1909.

Autor: K. Rawe

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Stand: 16.12.2019

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