Mülheimer Baudenkmäler: Schloss Styrum
Als eines der kleinsten Territorien des "Heiligen Römischen Reichs" bestand die Reichsherrschaft Styrum bis zu dessen Ende im Jahre 1806. Neben der Herrschaft Broich und den Besitzungen des Zisterzienserinnenklosters in Saarn war sie eine der drei Keimzellen der heutigen Stadt Mülheim an der Ruhr.
Erstmals urkundlich im Jahre 1067 erwähnt, waren Schloss und Herrschaft Styrum über Jahrhunderte eng mit der bewegten Geschichte Mülheims verbunden. Seit dem frühen 14. Jahrhundert war Schloss Styrum Besitz der Grafen von Limburg-Styrum, bis die Familie mit dem Tod des letzten Grafen 1809 ausstarb. Die nachbarschaftlichen Beziehungen der katholischen Styrumer Grafen zu den protestantischen Broicher Herren waren über lange Zeit von Spannungen und zum Teil blutigen Auseinandersetzungen geprägt.
Besondere Bedeutung für die konfessionelle Entwicklung der späteren Stadt Mülheim an der Ruhr erlangte Graf Carl August von Styrum. Während die Herren von Broich in der Reformation zum protestantischen Bekenntnis übergetreten waren, blieben die Grafen von Limburg-Styrum katholisch. Über zwei Jahrhunderte gab es für die wenigen, in der Mülheimer Gegend verstreut lebenden Katholiken damit nur in der Styrumer Schlosskapelle, heute Teil des Aquarius Wassermuseums in unmittelbarer Nachbarschaft des Schlosses, oder im Kloster Saarn die Möglichkeit, eine katholische Messe zu hören. Carl August gelang es jedoch, Jesuiten zum Dienst an der Schlosskapelle zu verpflichten. Darüber hinaus stiftete er 1755 auf dem Mülheimer Kirchenhügel den Bau einer Schule und die Errichtung einer katholischen Missionsstelle, aus der schließlich 1790 die katholische Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt hervorging. So kehrte katholisches Gemeindeleben nach Mülheim zurück. Nach dem Tode des letzten Grafen von Limburg-Styrum, Ernst Maria, 1809, folgten langwierige Erbschaftsauseinandersetzungen, in deren Folge das Schloss mehrfach den Besitzer wechselte.
Im Jahre 1890 erwarb schließlich August Thyssen das Anwesen, das sich zu dieser Zeit bereits inmitten der Werksanlagen seines 1871 gegründeten, rasch expandierenden Bandeisenwalzwerks befand. Seit dieser Zeit wurde das Schloss mehrfach modernisiert und baulich verändert, um den Direktoren der Thyssenschen Wasserwerke als Wohn- und Amtssitz zu dienen. Im Jahre 1959 gelangte das Schloss als Stiftung der Familie Thyssen an die Stadt Mülheim an der Ruhr, die dort unter anderem eine Altentagesstätte, aber auch Künstlerateliers einrichtete. Ein Gastronomiebetrieb rundet heute die Nutzung ab. Zur Landesgartenschau MÜGA 1992 erfuhren Garten und Schloss eine grundlegende Sanierung.
Die Baugeschichte
Im Laufe der Zeit erfuhr Schloss Styrum immer wieder bauliche Veränderungen. Die ältesten Teile dürften bereits im 13. Jahrhundert entstanden sein und bestimmen noch heute als meterstarke Mauern über mächtigem Kellergewölbe den mittleren Teil der rechteckigen Grundrissfigur des Schlosses. Eine Befestigung dieser ersten Anlage mit Wall und Graben konnte bislang nicht nachgewiesen werden, ist aber wahrscheinlich. Aus- und Umbauten konnten urkundlich für das 14., 15. und 17. Jahrhundert belegt werden. Im Zuge dieser letztgenannten Umgestaltung wurde der Palas vergrößert, der Treppenturm angefügt und die alte Wehrmauer durch eine neue Ummauerung ersetzt. Seit dieser Zeit verbindet das noch erhaltene Torgebäude den Zugang zum Innenbereich mit der Schlosskapelle. Dieser Teil der Anlage befindet sich auf der heutigen Rückseite des Schlosses, da der Zugang sowohl zum Park als auch zum Schloss nach dem Ankauf durch August Thyssen von der Süd- zur Nordseite verlegt wurde. Umbauten aus dieser Zeit und aus den 1930er Jahren sollten aus einem unscheinbaren, verputzten Baukörper eine repräsentative Direktorenwohnung machen. Im Sinne dieser geplanten Nutzung und im Stile der Zeit ausgeführt, bestimmen sie noch heute das Erscheinungsbild der Anlage.
Mit der Eröffnung des Aquarius Wassermuseums anlässlich der Landesgartenschau MÜGA 1992 im Wasserturm in unmittelbarer Nähe des Schlosses wurde auch die ehemalige Schlosskapelle wieder einer Nutzung zugeführt. Nachdem sie jahrzehntelang als Schuppen und Remise gedient hatte, dient sie nun als Vortrags- und Veranstaltungsraum des Wassermuseums. So konnte dieser für die Konfessionsgeschichte Mülheims so wichtige Ort einer angemessenen Nutzung zugeführt und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden.
(Bearbeitete und gekürzte Fassung von "Schloss Styrum" von Erich Bocklenberg und Kai Rawe, in: Zeugen der Stadtgeschichte - Baudenkmäler und historische Orte in Mülheim an der Ruhr. Klartext Verlag, Essen 2008)
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Stand: 18.12.2019
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