Geschichte & Konzept
Entstehung des Stadtteilkulturzentrums Feldmann-Stiftung
Im April 1988 öffneten sich erstmals die Türen für ein soziokulturelles Zentrum im Stadtteil Styrum. Unter aktiver Beteiligung vieler Stadtteilbewohner*innen ist auf dem ehemaligen Gelände der Familie Feldmann in den letzten 30 Jahren ein lebendiges Kleinod innerhalb einer zauberhaften Parkanlage entstanden, dessen Einrichtung heute modellhafter Charakter für die Förderung von Stadtteilkulturarbeit zukommt.
Fast 70.000 Besucher*innen nutzen jährlich die kulturellen Angebote, die sich stark an den Bedürfnissen des Stadtteils orientieren und längst über die Stadtgrenze hinaus bekannt sind.
Familie Feldmann
Hermann Feldmann war der Besitzer eines achtbaren Anwesens, von rund 29.300 Quadratmetern, welches im Eigentümerverzeichnis der preußischen Katastervermessung von 1822 notiert ist. Neben Ländereien und Hochwald im Umfeld gehörte dazu der Bauernhof mit Garten und Wohnhaus Am Maybaum, der heutigen Augustastraße.
Der anwachsende Reichtum erlaubte 1903 den Bau einer stattlichen Villa, die in ihrer Struktur bis heute erhalten ist und seit 1986 unter Denkmalschutz steht. Ein Zechenbach staute sich einst im Feldmann-Park zu einem Teich. Heute bedeckt eine Wiese die ehemalige Grube.
Landwirtschaft – Verpachtung – Ziegelbrennerei
Die weiter vererbten Besitztümer und die Geschäftstüchtigkeit der Feldmann-Generationen führten zu diversen Einnahmequellen: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Grund und Boden an der Augustastraße und deren Umfeld zunächst landwirtschaftlich genutzt, wodurch sich Einnahmen aus Ernteerträgen und der Verpachtung von umliegenden Grundstücken ergaben. Vor dem ersten Weltkrieg ermöglichten die Lehmvorkommen an der Augustastraße einen industriellen Standort als Ziegelei. Zudem unterhielten die Brüder Heinrich (1890-1962) und Wilhelm Feldmann (1891-1965) zahlreiche Mietwohnungen in der Augusta-, Feld- und Herwarthstraße.
Familie Feldmann Stiftung
Bereits am 30. Juli 1964 legten die letzten Privateigentümer, die Eheleute Wilhelm und Margarete Feldmann, testamentarisch fest, dass ihr Eigentum der Stadt Mülheim an der Ruhr als Stiftung übergeben werden sollte. Ihr Wunsch war es, dass die Grundstücke als Grünfläche und Erholungsgelände für die Styrumer Einwohner erhalten bleiben. Mit dieser Auflage nahm der Rat der Stadt die Schenkung am 30. August 1979 an. Sechs Jahre später, im Herbst 1985, wurden unter der Trägerschaft des Berufsbildungszentrums Essen, in Zusammenarbeit mit der Mülheimer Berufsbildungswerkstatt, 25 arbeitslose Jugendliche mit dem Abriss und Neubau des Fachwerkhauses, der Renovierung des Backsteinhauses und zuletzt mit der Renovierung der Villa betraut. Am 11. Februar 1988 wurde die Satzung der Stiftung vom Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr beschlossen.
Eingangsbereich zum Büro und den Gruppenräumen in der Villa. Erst 1991, nach dem Abschluss der Renovierung, konnten auch die Räume in der Villa genutzt werden.
Begegnungsstätte – vom Bauwagen in die Villa
Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (1987-1989) leisteten Gerd Beba, Ralf Duvenage und Ingrid Piontek wertvolle Recherchen, um die Bedürfnisse und Wünsche der Styrumer Bevölkerung hinsichtlich der kulturellen Nutzung der Feldmann-Stiftung greifbar zu machen. Als Anlaufstelle dienten zunächst drei Bauwagen, die an zentralen Stellen im Stadtteil aufgestellt wurden, um möglichst viele Styrumer zu erreichen.
Interessierte Bürger*innen schlossen sich durch diese Vorarbeiten im daraus entstandenen Stadtteilkulturkreis zusammen, der fortan als Diskussionsforum, Ideenschmiede und Organisationsgremium fungierte.
... Kultur im Stadtteil
Rund 250 BesucherInnen erlebten am 26. April 1988 die offizielle Eröffnung der Begegnungsstätte. Im Laufe der sich anschließenden Festwoche bekamen nicht nur Bürger*innen aus Styrumer einen Eindruck der sich hier bietenden Möglichkeiten und des kulturellen Potentials, welches dieser Stadtteil zu bieten hat.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Begegnungsstätte Feldmann-Stiftung zu einem attraktiven Kulturzentrum entwickelt. Durch die zentrale Funktion, die das herrschaftliche Wohnhaus der Familie Feldmann in früheren Jahren hatte, hat sich die Bezeichnung Feldmann-Villa – auch für den rund 11.000 Quadratmeter umfassenden Gesamtkomplex – in den Köpfen der vielen Nutzer verankert.
Nutzergruppen – Freizeitgestaltung mit Gleichgesinnten
Viele Nutzergruppen sind bereits über 25 Jahre in der Begegnungsstätte aktiv. Prinzengarde Rote Funken, Styrumer Geschichtsgesprächskreis, The Social Club, Styrumer Kreuzbund, KUNSTfeld und weitere 27 Gruppen sind regelmäßig in der Einrichtung und gehen ihren Freizeitinteressen nach - und begeistern auch andere zum Mitmachen. Im Rahmen der 30-Jahr-Festwoche haben sich viele Gruppen eingebracht und haben die Lebendigkeit der Freizeitkultureinrichtung verdeutlicht.
Raum für Hobbys
Sie treffen sich täglich oder wöchentlich, jeden zweiten und vierten Freitag, immer nur am dritten Samstag, in krummen oder geraden Monaten... morgens, mittags oder abends. Sie sind als Verein organisiert, suchen als Einzelpersonen Gleichgesinnte oder als Initiative neue Mitstreiter. In den Räumen der Feldmann-Stiftung haben sie einen Ort, wo sie ihre Interessen vertreten, praktizieren, planen und organisieren können.
Eigeninitiative ist gefragt
Bei fast allen Nutzergruppen sind „neue Gesichter“ willkommene Gäste. Inhalte und Aktivitäten werden in den Gruppen selbst bestimmt. Die Feldmann-Stiftung bietet allerdings organisatorische Hilfen oder auch finanzielle Unterstützung, wenn Gruppen öffentliche Veranstaltungen planen (Plakatentwürfe, Pressearbeit, Bereitstellung von Musikanlagen, Einsatz von Technikern,...). Was beispielsweise aus einem Gesprächskreis werden kann, dokumentiert eindrucksvoll der mittlerweile als Verein organisierte Styrumer Geschichtsgesprächskreis e.V., der inzwischen vier Bücher über den Stadtteil herausgegeben hat und über 10 Ausstellungen präsentieren konnte.
Mai- und Geburtstagsfest
Alle Nutzergruppen gestalten generationsübergreifend das Mai- und Geburtstagsfest, das jährlich als Open-Air-Veranstaltung im Park der Feldmann-Stiftung durchgeführt wird. Je nach Interesse und Fähigkeit präsentieren sie auf der großen Bühne ihr Programm (Show-Tänze, Lieder, Sketche...), betreuen und organisieren die zahlreichen Angebote (Hüpfburg, Spieleparcour...) oder demonstrieren an Infoständen ihre Hobbys.
Ergänzt wird das kulturele Angebot von professionellen Künstler*innen (Musikband, Zauberern, Walk-Acts...), damit die Akteure auch mal nur konsumieren dürfen.
Tanztee – immer am 2. Mittwoch im Monat
Kontaktfreudige Menschen ab 55+ genießen zwischen 14:30 und 17:30 Uhr den Nachmittag mit vertrauten Menschen oder freuen sich auf neue Bekanntschaften. Zur Live-Musik ertönen beim Tanztee eingängige und bekannte Schlager, die dazu animieren, Kaffee und Kuchen für einen Moment stehen zu lassen und das Tanzbein zu schwingen.
Ausstellung – im monatlichen Wechsel
Ebenfalls am zweiten Mittwoch im Monat wechselt die Wanddekoration in der Cafeteria. Meist sind es Hobby-Künstler*innen, die in einer Einzel- oder in einer Gruppenausstellung ihre Werke einem breiten Publikum präsentieren. Für viele ist es der Einstieg in die Öffentlichkeit und das Sprungbrett in andere Künstlerkreise.
Veranstaltungen – Dauerbrenner mit K
Konzerte – Kindertheater – Kleinkunst
Rockkonzerte
Die professionelle Unterstützung bei der Organisation und Durchführung von Rockkonzerten zieht insbesondere viele Newcomer-Bands in die Feldmann-Stiftung. Als Vorgruppe sammeln sie hier oft erste Erfahrungen bei einem Live-Auftritt und werden doch genauso ernst genommen wie die Headliner, die längst größere Räume füllen können.
Kindertheater
Für die kleinsten Besucher engagiert die Feldmann-Stiftung Kindertheater aus allen Bereichen dieses Genres. Figuren- und Schattentheater, Liedermacher, Puppenspieler und Zauberer halten der Konkurrenz von TV und Computerspielen mühelos stand. Ostersonntag findet nach dem Theater immer noch eine Osternestsuche im Park statt.
Kleinkunst
Kabarettisten, Liedermacher, Musiker und Literaten stehen auf der Bühne, wenn die Kleinkunst das Publikum in die Feldmann-Stiftung zieht. Bekannte Namen tauchen hier bewusst seltener auf, aber wer sich auf Unbekanntes einlässt, erlebt an diesen Abenden oft die Größen von morgen.
Feste feiern – Raumauswahl für 15 bis 100 Personen
Je nach Anzahl der zu erwartenden Gäste stehen drei unterschiedlich große Räume für private Feiern zur Verfügung. Tische und Stühle können je nach Bedarf in allen Räumen flexibel angeordnet werden. Eine Eigenbewirtung der Feier ist ebenso möglich wie ein kompletter Service mit Bedienung, Tischdekoration und professionellen Büfetts durch das Gasthaus.
Stadtteilkultur –Kooperationen und konstruktive Zusammenarbeit
Vereine – Verbände – Geschäftsleute
Über die unmittelbaren Aktivitäten in der Feldmann-Stiftung hinaus haben Kooperationen mit Vereinen und Verbänden eine bedeutende Stellung.
Die Begegnungsstätte ist zweifellos ein Motor der Styrumer Netzwerkbildung. Nicht zuletzt ist es der Vermittlung des Kulturzentrums zu verdanken, dass 1994 die Stadtviertelkonferenz und ein großes Familienfest am Aquarius Wassermuseum ins Leben gerufen wurden. Beide haben sich bis heute als wichtiges Forum und Impulsgeber des Stadtteils bewährt. Drei- bis viermal jährlich wird im Rahmen der Stadtviertelkonferenz im Aquarius Wassermuseum über Problemlagen des Stadtteils gesprochen und nach Lösungswegen gesucht. Durch diese Veranstaltungen wurde über die Jahre ein umfangreiches Netzwerk mit Akteuren des Stadtteils aufgebaut.
Die Übersicht Angebote für 55+ entstand in Kooperation mit dem Centrum für bürgerschaftliches Engagement. Mittlerweile ist ein Arbeitsgruppe des Neztwerkes der Generationen in Styrum aktiv, in der die Feldmann-Stiftung mitwirkt. Ein umfangreicher Handzettel informiert monatlich über die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sowie die Unterstützung und Hilfe im Stadtteil.
Die Begegnungsstätte Feldmann-Stiftung ist Partner der Styrumer Schulen, der Jugendeinrichtungen, der Interessengemeinschaft Styrumer Geschäftsleute, der Sozialagentur, des Aquarius Wassermuseums und vieler Styrumer Initiativen.
Kulturelle Konzepte für die Zukunft
Im Namen des Kulturbetriebs Mülheim an der Ruhr fördern Max Schürmann (seit 1990) und Ulrike Nottebohm (seit 1995) im gemischten Doppel die kulturellen Randbereiche des Stadtteils, um offene Räume für Gruppen zu schaffen, in denen sie sich nicht nur treffen, sondern auch präsentieren können. Dabei verstehen sich beide nicht als Dienstleister. Vielmehr wollen sie Bürger*innen Unterstützung geben, damit sie ihre eigenen Ideen entwickeln und selbst aktiv werden.
Höher–Größer–Schneller–Weiter spielt deshalb in ihrer konzeptionellen Arbeit bewusst eine untergeordnete Rolle. Nicht zuletzt durch die finanzielle Förderung der Leonhard-Stinnes-Stiftung ist es ihnen möglich, greifbare Basisarbeit zu leisten, wodurch dem kulturellen Potential im Stadtteil Styrum ein wertvoller Freiraum gewährt werden kann. Auch wenn kulturelle Größen wie Rea Garvey, Hans Gerzlich, Kai Magnus Sting, Renan Demirkan oder Feridun Zaimoglu bereits auf der Bühne der Feldmann-Stiftung standen, so wird das eher die Ausnahme bleiben. Entscheidend ist die Förderung der Styrumer*innen, weil sie nicht nur für einen Abend den Stadtteil bereichern, sondern ganzjährig dazu beitragen, verborgene Fähigkeiten ans Licht zu holen. Und diese gilt es jeden Tag neu zu entdecken. Die Identifikation mit dem Stadtteil wird so zum sozialen Kulturgut.
Stand: 03.05.2023
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