ZEITZEICHEN 1. August 1914: Beginn des Ersten Weltkrieges
Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Gemahlin am 28. Juni 1914 in Sarajewo folgten Wochen der Zuspitzung der politischen Lage mit wachsender Kriegsgefahr für ganz Europa. Ende Juli zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die allenfalls halbherzigen diplomatischen Bemühungen, den Frieden doch noch zu retten, scheitern würden. Am 31. Juli 1914 erklärte Kaiser Wilhelm II. für das Deutsche Reich den Kriegszustand und ordnete am 1. August die so genannte „Allgemeine Mobilmachung“ an. Damit begann der Erste Weltkrieg.
In den letzten Julitagen hatte auch die Mülheimer Zeitung ihre Leser auf ein „Europa in Kriegszuckungen“ – so titelte sie noch am 27. Juli – eingestimmt. Nach der Erklärung des Kriegszustandes berichtete sie von der in der ganzen Stadt deutlich spürbaren Anspannung. Überall versammelten sich Menschen, um die neuesten Neuigkeiten zu erfahren. Besonders das Verlagsgebäude der Zeitung aber auch die Kaserne an der Kaiserstraße standen in diesen Stunden im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Erst am späten Nachmittag des 1. August – ein Samstag – erreichte die Nachricht von der Mobilmachung die Stadt. An der Kaserne wurde ein dreifaches Hurra auf den Kaiser ausgerufen und die Nationalhymne gesungen. Ein lauter Jubel bricht jedoch nicht aus. Ernst, gefasst aber auch mit Entschlossenheit hätten – so die Zeitung – die Menschen in der Stadt die Nachricht, dass nun Krieg sein würde, aufgefasst.
In den nächsten Tagen folgte nun die Umsetzung der Mobilmachungsanordnung. Militärpersonen und Kriegsfreiwillige meldeten sich beim zuständigen Bezirkskommando, die Friedensfahrpläne der Eisenbahn wurden durch Kriegsfahrpläne ersetzt, um die zu Tausenden einberufenen Soldaten zu ihren Einheiten zu bringen. Gerade in den ersten Augusttagen kam es aber auch häufig zu gewalttätigen, nationalistischen Ausbrüchen gegen vermeintliche Angehörige der mit Deutschland im Krieg stehenden Nationen. Es reichte auch in Mülheim aus, für einen Russen gehalten zu werden, um aus einer Gaststätte geworfen und von einer wütenden Menge blutig geprügelt zu werden. Andere Auswirkungen des Kriegsbeginns, wie Versorgungsengpässe bei bestimmten Gütern oder drastische Preissteigerungen bei Lebensmitteln, wiesen in Mülheim schon in den ersten Tagen auf die kommenden Entbehrungen der folgenden vier Kriegsjahre hin. Im August 1914 dauerten diese Schwierigkeiten der Versorgungslage nur wenige Tage an. Im Laufe des Krieges wurden sie jedoch für weite Teile der Mülheimer Bevölkerung auf dramatische Weise zu einer bestimmenden Erfahrung.
Autor: K. Rawe
Kontakt
Stand: 17.12.2019
[schließen]
Bookmarken bei