Archiv-Beitrag vom 18.02.2016Zukunft Entenfang

Archiv-Beitrag vom 18.02.2016Zukunft Entenfang

Baudezernent Vermeulen verspricht „Partnerschaft“ mit Bewohnern

Beigeordneter Peter Vermeulen, Dezernat IV, Schule, Jugend und Kultur. 3.5.2005 Foto: Walter SchernsteinÜber 400 Bewohner des „Campingplatzes“ Entenfang kamen am 17. Februar zu einer Informationsveranstaltung, zu der die Stadtverwaltung eingeladen hatte. „Uns ist es wichtig“, so Bau- und Planungsdezernent Peter Vermeulen, “den dort lebenden Menschen zu versichern, dass wir Partner und keine Gegner sein wollen“. Gleichwohl, so Vermeulen weiter, in Vielem sind uns die Hände gebunden. Denn: Man sei durch das Bauministerium und die Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde angewiesen worden, das Dauerwohnen mit 1. Wohnsitz am Entenfang zu unterbinden.

„Was wir jetzt tun können“, erläuterte Peter Vermeulen den Betroffenen, „ist, mit Mitteln der so genannten Kommunalen Selbstverwaltung, dort über einen Bebauungsplan Rechtssicherheit zu schaffen und festzulegen, was ist am Entenfang möglich und was geht nicht“. Eine schwierige Rechtsmaterie, die aber der einzige Weg sei, das Kleinod Entenfang in einem möglichst großen Umfang zu erhalten und zu sichern.

Zwei Dinge sagte Peter Vermeulen den Anwesenden in der Aula des Schulzentrums Broich am Mittwochabend konkret zu: Auf Anregung aus der Mitte der Veranstaltungsbesucher soll eine Arbeitsgruppe mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Entenfang gegründet werden, die den förmlichen Prozess des Bebauungsplanverfahrens begleitet und transparent macht. Zum Zweiten wird der Bau- und Planungsdezernent zu Bauminister Michael Groschek Kontakt aufnehmen, um die „Ungleichbehandlung des Landes“ zu vergleichbaren Anlagen in NRW – die besser gestellt wurden – zu diskutieren.

Mehr zu bisherigen Entwicklung am Entenfang finden Sie in der Präsentation aus der Bürgerversammlung vom 17. Februar 2016.

Luftbild Entenfang 1969 mit Zeltplatz, Liegewiese und Strand

Foto: Entenfang 1969, mit Zeltplatz, Liegewiese und Strand, Quelle: RVR

 

Luftbild Entenfang 2015 mit Dauercampingplatz

Foto: Entenfang 2015 mit Dauercampingplatz, Quelle: RVR

 

Wichtige Fragen / FAQ

Wie sieht das zur Zeit geltende Planungsrecht aus?

Der aus dem Jahr 1973 stammende Bebauungsplan Entenfang Süd (K 5a) setzt einen Campingplatz sowie Parkplätze und Grünflächen fest.

Darf man auf dem Campingplatz wohnen?

Nein, Dauerwohnen ist auf Campingplätzen nicht zulässig.

Gibt es Möglichkeiten, das Wohnen zu dulden?

Ja, wenn es sich z.B. um soziale Härtefälle oder lebensältere Personen handelt. Es müssen dann personenbezogene Regelungen getroffen werden.

Bis wann muss das Dauerwohnen am Entenfang aufgegeben werden?

Werden Rechtsverstöße festgestellt, wird zunächst ein Anhörungsverfahren durchgeführt. Bei Personen, die nach dem 01.04.2014 gezogen sind (also nach dem Öffentlichwerden der baurechtlichen Unzulässigkeit), wird bereits ein Anhörungsverfahren durchgeführt. Kann der Rechtsverstoß nicht ausgeräumt werden, ergeht eine Ordnungsverfügung, deren Erfüllung mit einer Frist versehen ist. Für den Umgang mit sogenannten Altfällen soll ein abgestuftes Konzept erarbeitet werden. Auch in diesen Fällen erfolgt aber eine Anhörung, bevor ein Bescheid erlassen würde.

Wann spricht man von Dauerwohnen und wie sieht das melderechtlich aus?

Dauerwohnen liegt formal vor, wenn der Hauptwohnsitz dort gemeldet ist. Das deutsche Melderecht lässt die Anmeldung auf dem Campingplatz zu. Praktisch liegt Dauerwohnen aber auch vor, wenn ohne Anmeldung dort dauernd gewohnt wird.

Warum greift die Stadt Mülheim jetzt das Dauerwohnen auf dem Campingplatz auf?

Das Bauministerium als oberste Bauaufsichtsbehörde hat die betroffenen Gemeinden aufgefordert, gegen das Dauerwohnen auf Campingplätzen vorzugehen.

Ist nur die Stadt Mülheim angewiesen worden?

Nein, alle betroffenen Gemeinden sind aufgefordert worden, tätig zu werden. In Mülheim hat das Bauministerium als oberste Bauaufsichtsbehörde zusätzlich von seinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht.

Wie wird das Problem in vergleichbaren Fällen in anderen Gemeinden geregelt?

In Wesel und Kamp-Lintfort hat das Bauministerium einer Stichtagsregelung zugestimmt. In Mülheim hat die Landesregierung einer solchen Vorgehensweise nicht zugestimmt.

Warum wurde das Dauerwohnen auf dem Campingplatz über Jahrzehnte nicht aufgegriffen?

Vor ca. 5 Jahren hat das Bauministerium aufgrund steigender Fälle von Dauerwohnen auf Campingplätzen begonnen, die Problematik aufzugreifen. Die Stadt Mülheim ist seit Anfang 2014 aufgefordert, gegen Dauerwohnverhältnisse einzuschreiten.

Muss ich für ein Wochenendhaus einen Bauantrag stellen?

Wenn die planungsrechtliche Grundlage „Wochenendplatz“ geschaffen und der Wochenendplatz genehmigt ist, sind Wochenendhäuser, die die Vorgaben der Camping- und Wochenendplatzverordnung einhalten, genehmigungsfrei (bis 50 qm Grundfläche). Wochenendhäuser, die größer sind, brauchen eine Baugenehmigung.

Müssen für Wohnmobile, Mobilheime und Wohnwagen auch Bauanträge gestellt werden?

Ja, aber nur wenn Sie fest und dauerhaft mit dem Untergrund verbunden sind (auch: durch eigene Schwere auf dem Boden ruhend) und ortsfest genutzt werden, sind sie bauliche Anlagen und fallen unter das Bauordnungsrecht.

Ist Dauercampen weiterhin zulässig?

Dauercampen heißt, dass ein Standplatz für mehr als ein Jahr gemietet ist. Dies ist – im Unterschied zum Dauerwohnen – weiterhin zulässig.

Wie viele Gebäude stehen am Entenfang und wie viele Menschen sind dort gemeldet und von den behördlichen Maßnahmen betroffen?

Auf dem Campingplatz stehen rund 300 ungenehmigte Gebäude. Etwa 550 Personen sind dort mit Erstwohnsitz gemeldet.

Ist das ein Mülheimer Problem oder gibt es das auch anderswo?

In NRW leben etwa 25.000 Menschen auf Campingplätzen, in Deutschland insgesamt etwa 300.000. Die Tendenz ist wegen der teilweise hohen Mieten in einigen Großstädten steigend.

Kann ich mich gegen die behördlichen Maßnahmen wehren?

Gegen jeden Verwaltungsakt ist eine Klage beim Verwaltungsgericht möglich. Bebauungspläne können über einen Antrag auf Normenkontrolle beim Oberverwaltungsgericht angegriffen werden.

Wie sehen die Brandschutzvorkehrungen auf dem Wochenendplatz aus?

Es gelten die Vorschriften der Camping- und Wochenendplatzverordnung. Darin sind Abstände zwischen Gebäuden und Breiten von Erschließungswegen definiert, die eingehalten werden müssen. Abweichungen sind nur auf Basis eines Brandschutzkonzeptes möglich.

Können alle Gebäude auf dem Platz durch die Strategie der Stadt gesichert werden?

Die Stadt ist bemüht, möglichst viele der Gebäude zu sichern. Alle Gebäude sind jedoch voraussichtlich nicht zu halten.

Wer zahlt den Schaden, wenn ein Gebäude auf Anordnung der Stadt beseitigt werden muss?

Soweit das Gebäude aufgrund eines baurechtlichen Verstoßes beseitigt werden muss, wird durch die Stadt kein Schaden verursacht, da es sich um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands handelt. Schadenersatzansprüche gegen die Stadt werden in verwaltungsgerichtlichen Verfahren behandelt. Denkbar sind auch Ansprüche gegen den Platzbetreiber. Diese wären dann jedoch zivilrechtlich zu klären.

Welche Mitwirkungspflichten hat der Platzbetreiber und was versteht man unter Betreiberhaftung?

Grundsätzlich haftet der Betreiber für Leistungen, die vertraglich vereinbart wurden. Darüber hinaus ist der Betreiber in der Verantwortung, alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren oder Nachteile zu vermeiden.

Auszüge aus der Begrüßungsrede des Bezirksbürgermeisters Hermann-Josef Hüßelbeck

„Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Hermann-Josef Hüßelbeck und ich darf Sie in meiner Eigenschaft als Bezirksbürgermeister des Stadtbezirks Linksruhr herzlich zu der Öffentlichkeitsversammlung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Entenfang-Süd K 13 begrüßen.

Es ist in Mülheim an der Ruhr üblich, dass zu den Öffentlichkeits-versammlungen der Bezirksbürgermeister einlädt. Dies habe ich auch diesmal wieder sehr gerne getan, denn ich halte es für sehr wichtig, bei allen Planungen und Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürger, aber insbesondere die direkt Betroffenen, frühzeitig nicht nur zu informieren, sondern Ihnen auch die Gelegenheit zu geben, mit der Stadtverwaltung über Ihre Anliegen in direktem Kontakt persönlich sprechen zu können.

Deshalb freue ich mich, dass die Verwaltung so zahlreich vertreten ist und sich die Zeit nimmt, Sie heute anzuhören und Ihre Anliegen in das weitere Verfahren mitzunehmen. Mir ist bewusst, dass das Verfahren, über das wir heute sprechen, für viele unter Ihnen mit ganz individuellen Sorgen über die persönliche Zukunft verbunden ist. Viele von Ihnen wohnen schon lange Zeit am Entenfang und haben dort ein geliebtes Zuhause gefunden. Sie haben oftmals nicht unerhebliche Teile ihres Vermögens dort investiert im Vertrauen darauf, hier Ihren Lebensmittelpunkt einrichten zu können und fürchten nun, dieses alles aufgeben zu müssen.

Deshalb seien Sie versichert, dass die Politik – und ich meine hier für alle Parteien, sowohl in der Bezirksvertretung als auch im Rat der Stadt, sprechen zu können – es sich nicht leicht machen wird und sehr verantwortungsvoll Entscheidungen treffen wird. Und ich gehe davon aus, dass auch die Verwaltung mit der Situation verantwortungsvoll umgehen wird.

Umso wichtiger ist es, heute die Zeit zu nutzen, um miteinander ins Gespräch zu kommen, um Ihre Sorgen und Anliegen zu erkennen und der Verwaltung für das Verfahren mit auf den Weg zu geben. Am Schluss des gesamten Verfahrens sollte eine Lösung stehen, die möglichst vielen unter Ihnen gerecht wird. Das jedenfalls wünsche ich mir.

Wir stehen heute ja erst am Anfang des gesamten Bebauungsplanverfahrens. Wie bei solchen Verfahren üblich, schließen sich weitere Schritte an, wie etwa die Erarbeitung eines Planentwurfes und dabei auch die Erstellung von Gutachten zu den verschiedenen Themen wie zum Beispiel Umweltschutz, Lärmschutz, Verkehrserschließung und Abwasserentsorgung.

Sicherlich wird das heute Abend also nicht die letzte Informationsveranstaltung in dem gesamten Verfahren sein. Ich gehe davon aus, dass die Verwaltung Sie auch bei den weiteren Schritten informiert und Ihnen die Gelegenheit gibt, sich in das Verfahren einzubringen.“

Kontakt


Stand: 18.02.2016

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