Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" warnt vor kommunaler Finanzkrise

Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" warnt vor kommunaler Finanzkrise

Das Aktionsbündnis Für die Würde unserer Städte hat sich am Freitag, 16. Februar 2024, zu einer NRW-Konferenz in Herne getroffen und dort unter anderem über aktuelle Aussagen des Ministerpräsidenten zur Altschuldenfrage diskutiert. Auch Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz und Stadtkämmerer Frank Mendack hatten teilgenommen. - Philipp Stark/Stadt Herne
Das Aktionsbündnis "Für die Würde unserer Städte" hat sich am Freitag, 16. Februar 2024 zu einer NRW-Konferenz in Herne getroffen und dort unter anderem über aktuelle Aussagen des Ministerpräsidenten zur Altschuldenfrage diskutiert. Auch Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz und Stadtkämmerer Frank Mendack haben teilgenommen.

Foto: Philipp Stark/Stadt Herne

Bei einer Konferenz der finanzschwachen Städte und Kreise - an der Veranstaltung haben auch Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz und Stadtkämmerer Frank Mendack teilgenommen - haben die Betroffenen die aktuelle Lage und die aktuellen Erklärungen von Hendrik Wüst erörtert. Ein echter Beitrag des Landes zu einer Altschuldenlösung scheint immer unwahrscheinlicher, die Kommunen fordern deshalb kurzfristig ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten. 

Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen gehören bei den Investitionen zu den Schlusslichtern in Deutschland. Sie konnten im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2022 jährlich rund 3,56 Milliarden Euro weniger Geld in Schulen, Straßen und Klimaschutz stecken als Städte und Gemeinden der übrigen westdeutschen Länder. Diese Zahlen belegen, so das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, die kommunale Finanzkrise der nordrhein-westfälischen Kommunen und der finanzschwachen Kommunen im Besonderen. Zudem wachsen die Löcher in den Etats der Städte und Gemeinden aktuell wieder erheblich und die Rahmenbedingungen verschlechtern sich weiter. Es drohen neue Schulden, obwohl die Frage der Altschulden noch nicht gelöst ist. Die Kommunen leiden unter einer Last von mehr als 21 Milliarden Euro Kassenkrediten.

Zusätzliche Sorgen verursachten Aussagen von Ministerpräsident Hendrik Wüst in der Landespressekonferenz am 15. Februar. Dort erklärte der Landeschef, man habe 2023 einen Vorschlag unterbreitet, der aber sofort vom Bund abgelehnt worden sei. Die Verantwortung für die Lösung liege daher in Berlin. 

Martin Murrack, Sprecher des Aktionsbündnisses: „Wir freuen uns, dass der Ministerpräsident weiter zur Altschuldenlösung steht. Seine anderen Äußerungen lassen allerdings befürchten, dass die Landesregierung immer noch nicht eingesehen hat, warum ihr Vorschlag von 2023 nicht geeignet war, die Betroffenen zu entlasten und eine Bundeslösung nach sich zu ziehen.“ Nach dem Vorschlag des Landes wäre nahezu ausschließlich kommunales Geld umverteilt worden. Einen substanziellen Beitrag des Landes, wie es der Bund zur Bedingung für seine Hilfe gemacht hatte und wie es alle anderen betroffenen Bundesländer vorgemacht haben, hätte es damals nicht gegeben. Angesichts dieser Äußerungen und der daraus folgenden Befürchtungen fordert „Für die Würde unserer Städte“ nun ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten. 

Die Herner Konferenz appellierte an die NRW-Landesregierung, endlich die im Koalitionsvertrag versprochene Altschuldenlösung vorzulegen und zum 1. Januar 2025 umzusetzen. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das noch keine Lösung für seine finanzschwachen Kommunen gefunden hat. Hessen und auch das selbst finanzschwache Saarland haben hingegen bereits gezeigt, wie man den Betroffenen effektiv helfen kann. Auch in diesen Ländern wartet man auf Nordrhein-Westfalen, damit die Bundeslösung auch dort helfen kann. Die Mitgliedskommunen im Aktionsbündnis betonten noch einmal, dass sie selbstverständlich bereit sind, ihren Anteil an der Lösung zu tragen und Vorgaben zur Vermeidung von Neuschulden zu akzeptieren.

Zukunftsaufgaben in Gefahr

Mehr als 30 Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kämmerinnen und Kämmerer waren auf Einladung von Hernes Kämmerer Dr. Hans Werner Klee in der Ruhrgebietsstadt zusammengekommen. Rund fünf Stunden berieten sie, wie ernst die Lage ist und welche Lösungen ihnen helfen würden. Klee: „Mittlerweile sind wir an dem Punkt angekommen, wo die Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben absehbar nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies löst auch verfassungsrechtliche Fragen der kommunalen Selbstverwaltungsfähigkeit aus."

Die Kommunen stecken in einer „Überforderungsfalle“: Sie haben einen hohen Nachholbedarf bei Instandhaltungen und Investitionen in die Infrastruktur, die Ausgaben für laufenden Ausgaben steigen stetig – und bei Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz oder Digitalisierung drohen sie erneut abgehängt zu werden. Und bei der Grundsteuer drohen den Kommunen neue Einnahmeverluste in Millionenhöhe.

Land muss vorlegen

Die Landesregierung von CDU und Grünen hatte im vergangenen Sommer einen Vorschlag für eine Altschuldenlösung veröffentlicht. Die einheitliche Reaktion von kommunalen Spitzenverbänden und Sachverständigen: Der Vorschlag bedeutet lediglich eine Umverteilung von kommunalen Geldern und beinhaltet keinen eigenen Anteil des Landes. Bundesfinanzminister Christian Lindner sah den Vorschlag daher nicht als Grundlage für den Bund, seinen Anteil an einer Altschuldenregelung zu übernehmen. Die Landesregierung zog den Vorschlag daraufhin zurück und kündigte für 2024 einen neuen an.

Erste Stellungnahmen von Kabinettsmitgliedern sowie fachpolitischen Sprechern in diesem Jahr haben keine neuen Hoffnungen bei den betroffenen Kommunen geweckt. „Wenn das Land keine Lösung mit einem substanziellen finanziellen Anteil vorschlägt, wird der Bund seine Beteiligung erneut ablehnen und die Kommunen noch tiefer in die Krise geraten“, sagte Christoph Gerbersmann, ebenfalls Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“.

70 Kommunen gehören zum Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“

Im überparteilichen Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 70 Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen, in denen rund 8,5 Millionen Menschen leben. Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen sind dabei: Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Hagen, Hamm, Hattingen, Herne, Herten, Krefeld, Leverkusen, Löhne, Lünen, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Oer-Erkenschwick, Recklinghausen, Kreis Recklinghausen, Remscheid, Schwerte, Solingen, Kreis Unna, Voerde, Waldbröl, Waltrop, Werne, Wesel, Kreis Wesel, Witten, Wülfrath und Wuppertal.

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Stand: 19.02.2024

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